Internationalismus 3.0
- Antira und Antimil zusammendenken!
Warum die antirassistische Linke Fluchtursachen
in den Blick nehmen sollte
Nicht nur innerhalb der EU ist die Beschäftigung mit Fluchtursachen zu einem buchstäblichen Dauerbrenner avanciert. Auch in linken Debatten und Publikationen spielt das Thema eine zunehmend stärkere Rolle. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwiefern Flucht und Migration als Kehrseite eines endgültig aus den Fugen geratenen neoliberalen Kapitalismus zu begreifen sind – ganz im Sinne des von selbstorganisierten Geflüchteten
bereit seit langem propagierten Mottos: „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“. Folgerichtig erfreut sich auch die Forderung nach Bewegungsfreiheit vergleichsweise großer Zustimmung.
Und doch: Diese in inhaltlicher Hinsicht durchaus offene Haltung geht bei beträchtlichen Teilen der gesellschaftlichen Linken kaum mit praktischen Schlussfolgerungen einher, von ernsthaftem Druck auf der Straße ganz zu schweigen. Stattdessen wird die kritische Auseinandersetzung mit Nord-Süd-Themen – und somit auch Fluchtursachen – meist an NGO, Kirchen oder spezialisierte (Expert_innen-)Netzwerke delegiert. In dem Workshop soll es daher um die Frage gehen, wie soziale und politische Kämpfe in den Herkunftsländern mit der Forderung nach Bewegungsfreiheit praktisch zusammengebracht werden können (für das Recht zu bleiben und das Recht zu gehen).
Input von Olaf Bernau, Afrique-Europe-Interact*
Fragiler Balanceakt
- Transnationale Organisierung zwischen südlichen und nördlichen Aktivist_innen. Erfahrungen aus der Arbeit des transnationalen Netzwerks Afrique-Europe-Interact
Afrique-Europe-Interact ist ein transnational organisiertes Netzwerk, das Ende 2009 gegründet wurde. Beteiligt sind Basisaktivist_innen unter anderem in Mali, Burkina Faso, Guinea, Togo, Tunesien, Marokko, Österreich und den Niederlanden – unter ihnen zahlreiche selbstorganisierte Geflüchtete, Migrant_innen und Abgeschobene.
Konkret unterstützen wir Flüchtlinge und Migrant_innen in ihren Kämpfen um Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte – ob in den Ländern des Maghreb, auf dem Mittelmeer oder innerhalb der Festung Europa. Gleichzeitig sind wir an sozialen Auseinandersetzungen um gerechte bzw. selbstbestimmte Entwicklung beteiligt, nicht zuletzt gegen unterschiedliche Formen von Landgrabbing. Denn das Recht auf globale Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit ist nur die eine Seite der Medaille. Nicht minder wichtig ist das Recht zu bleiben, also die Möglichkeit, zu Hause bzw. im Herkunftsland ein Leben unter sicheren, würdigen und selbstbestimmten Bedingungen führen zu können. In dem Workshop möchten wir über die Herausforderungen bei der transnationalen Organisierung zwischen Aktivist_innen im Süden und Norden berichten – auch was den Umgang mit strukturellen Privilegien betrifft.
Friedensbewegung und Rechtsoffenheit
- Genau hinschauen!
Die Friedensbewegung umfasst ein breites Feld von Akteur*innen und Organisationen. In den letzten Jahren mehren sich Diskussionen, in wie weit sich „die Friedensbewegung“ nach Rechts abgrenzen sollte und wenn ja, an welcher Stelle. Gleichzeitig sind rechte Tendenzen oder Haltungen nicht immer leicht zu erkennen, wenn das Stichwort „Frieden“ in den Vordergrund gestellt wird.
Als Grundlage werden wir uns über eine Definition von „Frieden“ unterhalten und dafür auch den Gewaltbegriff etwas genauer untersuchen. Dann soll es darum gehen, einige Akteure aus dem Querfront- beziehungsweise rechten Spektrum vorzustellen und exemplarische Aussagen etwas genauer zu untersuchen. Was sagt die Aussage? Und sollten wir uns davon abgrenzen? Wenn ja, warum? Sind diese Aussagen und Haltungen rechter Akteur*innen mit den diskutierten Verständnissen von „Frieden“ vereinbar?
Joel Campe / KURVE Wustrow
Festung wird gemacht
- Kartographie der Grenzprofiteure
Die Abschottungspolitik der EU setzt die Technologisierung und Militarisierung der Grenzkontrollen voraus, welche der europäischen Sicherheitsindustrie eine dynamische, millardenschwere Marktbranche bescheren. Die Profiteure der von der EU geförderten Vergrenzungsprozesse entlang ihrer inneren, äußeren und vorverlagerten Grenzen, die mittlerweile u.a. bis nach Nigeria reichen, sind in der ganzen BRD zu finden. Gemeinsam wollen wir eine Karte von Grenzprofiteuren als potenzielle Orte des Protests erstellen und überlegen, wie wir in unserer eigenen Nachbarschaft die „Festung Europa“ ins Wanken bringen können.“
War on migrants starts here, lets stop it here!
mit Mitgliedern der Informationsstelle Militarisierung (IMI)
no MUOS
- mit dem Filmemacher von: come il fuoco sotto la brace
No MUOS ist eine sizilianische Bewegung gegen Militarismus, die für eine Entmilitarisierung Siziliens mit seinen zahlreichen US- und NATO-Stützpunkten und insbesondere für eine Schließung der sich auf einem US-Militärstützpunkt befindlichen Radar- und Sendeanlagen des neuen Satellitenkommunikations-Systems Mobile User Objective System (MUOS) kämpft. No MUOS kritisiert, dass das Satellitenkommunikations-System MUOS mit seinen Überwachungs- und Aufklärungstechnologien sowohl den Weltfrieden als auch die Umwelt und die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung bedroht.
No MUOS formierte sich 2009 aus den ersten Protesten gegen das geplante neue Satellitenkommunikations-System. An der ersten Demonstration 2011 beteiligten sich bereits mehrere hundert Menschen. Ein Jahr später, am 30. März 2012, waren es schon 20.000. No MUOS genießt großen Rückhalt in der Bevölkerung und wehrt sich seither mit zahlreichen Protestformen gegen die italienischen, US-amerikanischen und NATO-Militärstrukturen auf Sizilien, die sowohl in Kriegseinsätze als auch in die tödliche EU-Migrationspolitik eingebunden sind. Sie wehren sich dagegen, Sizilien als Vorposten einer hochtechnologisierten Vergrenzung und Militarisierung des Mittelmeeres auszubauen und treten stattdessen für Frieden und Völkerverständigung ein, wollen das Mittelmeer als einen lebendigen Raum des Austauschs erhalten.
mit einem no-muos-Aktivisten aus Niscemi, Sizilien
come il fuoco sotto la brace
- wie das Feuer unter der Glut
… ist ein Dokumentarfilm über die Bewegung No MUOS, die sich aus jungen und älteren Menschen, Männern, Frauen und Kindern zusammensetzt, die sich in No MUOS Komittees auf Sizilen organisieren.
Der gewaltfreie Protest entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer Auseinandersetzung all jener, die das Abkommen zwischen der regionalen Regieung Siziliens, Italien und den USA ablehnen, welches die Installation des Satellitenkommunikationssystem MUOS (Mobile User Objective System) auf dem US-Militärstützpunkt bei der südsizilianischen Stadt Niscemi erlaubt – ebenso weist die Bewegung die dortige Präsenz der devastierenden 46 Antennen der Naval Radio Transmitter Facility sowie die Militariserung des dortigen Umfelds zurück.
Der Dokumentarfilm fokussiert sich unter anderem auf das permanente Protestcamp – bestehend aus Menschen, Stimmen, Liedern, Decken, Stühlen, Tischen und Kochtöpfen. Jede Nacht steigt der durch das Kochen entstandene Rauch auf und signalisiert die Präsenz von Leben, das Widerstand leistet – all dies vor dem Hintergrund der höchsten Antenne des Stützpunktes, welche ein Symbol von Unterdrückung geworden ist und sich hinter dem Hügel versteckt.
Im Anschluss an den Film findet eine Diskussionsrunde
mit dem No MUOS Aktivisten und Regisseur Giuseppe Firrinvcieli aus Sizilien statt.
Deutschlands neue Großmachtpolitik
- „Neue Macht – Neue Verantwortung“
Spätestens seit den Reden von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und vor allem von Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang 2014 hat sich die deutsche Außen- und Militärpolitik spürbar gewandelt. Vorbereitet im Elitenprojekt „Neue Macht – Neue Verantwortung“ wird seither deutlich zielstrebiger als zuvor eine militärisch unterfütterte Weltmachtrolle angestrebt. Der Vortrag beschreibt den Werdegang und die wichtigsten Elemente dieser neuen deutschen Großmachtpolitik.
Jürgen Wagner ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.“
Atomare Muskelspiele
- Die Nuklearpolitik Deutschlands und der NATO
Die USA haben ein massives „Modernisierungsprogramm“ ihres Atomwaffenarsenals in Gang gesetzt. Betroffen sind auch die im Rahmen der sogenannten „Nuklearen Teilhabe“ in mehreren europäischen Ländern lagernden US-Atomwaffen. Gekoppelt mit dem intensivierten Aufbau einer Raketenabwehr rücken Nuklearfragen damit wieder stärker ins Zentrum der NATO-Politik. Parallel dazu intensivieren sich die Debatten über eine mögliche „europäische Atomwaffe“, über den sich nicht zuletzt Deutschland den Zugriff auf Nuklearwaffen erschließen möchte.
Jürgen Wagner, IMI
15th garden: Ernährungssouveränität in Syrien
- Hunger ist eine Waffe
15th Garden ist ein syrisch-europäisches Netzwerk, das seit zwei Jahren urbane Gärten und Landwirtschaftsprojekte in und außerhalb Syriens unterstützt. Es setzt sich für Ernährungssouveränität in Kriegs- und Krisenzeiten – und für die Zeit danach ein. Als grass-roots-Netzwerk, welches innerhalb Syriens entstanden ist, ist es eines der vielen Beispiele von Selbstorganisation von unten in Zeiten, in denen Nahrung systematisch über Hungerblockaden und gezielte Bombardierungen als Waffe eingesetzt wird – insbesondere durch das syrische Regime und dessen Verbündete. Das Unterstützernetzwerk von 15th Garden setzt auf praktische, nicht auf selektive Solidarität mit den Menschen in Syrien.
Krieg um die Köpfe
- Hochschul-Zivilklauseln vertiefen
Die Brüsseler EU-Kommission will eine stärkere Zusammenarbeit bei der Rüstung. Ab 2021 sollen jedes Jahr 5,5 Milliarden Euro fließen. Die Hochschulen werden demzufolge noch stärker in Rüstungsforschung und entsprechende Kooperationen eingespannt. Seit 2008 hat sich eine wachsende Bewegung für Zivilklauseln an den Hochschulen gebildet mit dem Ziel, Hochschulen frei von militärischer Forschung und Lehre zu machen und zivile Lehrstühle wie zur Rüstungskonversion einzurichten. Jüngstes Gegenbeispiel die Hochschule Bremen mit einer Bundeswehr-Kooperation in der Informatik-Lehre. Der Protest dagegen wird fortgesetzt. Weitere Aktivitäten gegen die Militarisierung sollen im Camp besprochen werden. Ein Zeichen der Hoffnung auf Verbreiterung des gemeinsamen Widerstands, dass das Thema Zivilklausel erstmals im War-starts-here Camp aufgegriffen wird.
Dr. Dietrich Schulze, Initiative gegen Militärforschung an Universitäten, Karlsruhe
Situation in Rojava
- Inspiration und Hoffnung
„In Rojava (Westkurdistan/Nordsyrien) findet eine Revolution statt! Seit nunmehr fünf Jahren werden vor Ort Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie verteidigt und aufgebaut. Trotz der Kriegssituation hat sich Rojava mittlerweile zu einem Ort der Inspiration und Hoffnung für die Völker der Region und hunderte InternationalistInnen aus der ganzen Welt entwickelt. Wir wollen uns genauer ansehen, nach welchen Prinzipien die Revolution in Rojava stattfindet und darüber diskutieren, was die Entwicklungen in Kurdistan für uns hier in Europa bedeuten.“
von und mit Civaka Azad-Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. Berlin
Kritische Männlichkeit
- all genders welcome
Wie oft streitest du dich mit Männern über sexistisches Verhalten? Sprichst du in deiner Politgruppe Fragen zur Repräsentanz von FLTI*-Personen an? Warum kochst du vielleicht lieber als das Bad zu putzen? Diese und weitere Fragen zu antisexistischen Praxen im Alltag wollen wir in diesem Workshop v.a. Männern stellen und diskutieren. Wie genau sieht euer antisexistischer Anspruch aus und wo ergeben sich Hürden? Außerdem wollen wir darüber sprechen, welche konkreten Interventionsmöglichkeiten ihr kennt und wie ihr sie einsetzt. In dem Workshop soll es v.a. um kritische Männlichkeit gehen – all genders welcome!