Text-Hinweis: Christoph Marischka |
Marineaufmarsch im östlichen Mittelmeer |
Unmittelbar vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz tagten in Brüssel die Verteidigungsminister_innen der NATO. Am meisten öffentliche Aufmerksamkeit zog der Beschluss auf sich, das sich der Marineverband Standing Maritime Group 2 unter Führung des deutschen Einsatzgruppenversorgers „Bonn“ am „Einsatz gegen Schlepper“ in der Ägäis beteiligen werde. Zugleich wurde jedoch auch grundsätzlich beschlossen, dass die AWACS-Flugzeuge der NATO – die in der Regel auch mit deutscher Besatzung fliegen – die „Allianz gegen den IS“, an der Deutschland bereits durch Stabspersonal, eine deutsche Fregatte, Aufklärungstornados und Luftbetankung beteiligt ist, unterstützen sollen. Damit steht für den Einsatz im Irak und der Türkei, der bislang von den USA unter dem Namen „Operation Inherent Resolve“ geführt wird, wichtige Infrastruktur bereit, um ihn unter NATO-Kommando zu stellen. Denn anders als die in den Medien häufig verwendete Bezeichnung „Aufklärungsflugzeuge“ für die AWACS suggeriert, dienen diese auch als Kommunikationsknotenpunkte für vernetzte Operationen und den Luftkrieg.
Aufgabe des mit sofortiger Wirkung in die Ägäis entsandten NATO-Marineverbandes, der von gegenwärtig drei auf fünf bis sieben Schiffe anwachsen soll, sei die Seeraumüberwachung, die angeblich „Informationen zur Bekämpfung des Menschenhandels und krimineller Netzwerke liefern“ solle, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Es gehe jedoch nicht darum, Boote mit Flüchtlingen zu stoppen oder zurückzudrängen. Die NATO werde jedoch eng mit den Küstenwachen der Türkei und Griechenlands und auch der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zusammenarbeiten und Flüchtlinge aus Seenot in die Türkei zurückbringen. Was die Migration in der Ägäis angeht, wird der Einsatz dazu führen, dass immer mehr Flüchtlinge in die Lager in der Türkei und die eilig errichteten Hot Spots in Griechenland gedrängt und an der Weiterreise gehindert werden.
So empörend diese weitere Militarisierung der Flüchtlingsabwehr ist, so dürfte sie jedoch kaum das tatsächliche Hauptziel des nun beschlossenen Einsatzes sein. Der NATO-Marineverband ist hierfür schlicht ein zu großes Kaliber. Gerade der öffentlich bekanntgegebene Auftrag der Bekämpfung organisierter Kriminalität wirkt wenig glaubwürdig. Den türkischen „Sicherheitskräften“, die gegenwärtig im eigenen Land einen erbarmungslosen Krieg gegen kurdische Gruppen führen, wäre es selbst mit polizeilichen Mitteln ein leichtes, die Drahtzieher der kommerziellen Schleuserbanden (in die der türkische Militärgeheimdienst zumindest in der Vergangenheit selbst umfangreich involviert war) dingfest zu machen. Angesichts der überwältigenden Nachfrage jedoch erscheint zweifelhaft, dass Flüchtlinge gegenwärtig überhaupt auf diese organisierten kommerziellen Netzwerke angewiesen sind. Boote zu kaufen ist schließlich nicht illegal und der Austausch von Wissen über mehr oder weniger geeignete Routen ebenso wenig.
Der gesamte Text steht hier: NATO steigt in Syrienkrieg ein