Gegen die Agitations-Strategien der Neuen Rechten
und rechtspopulistische Positionen
in der „Neuen Friedensbewegung“
Warum es für die antimilitaristische Bewegung wichtig ist,
klar zu benennen, wofür sie steht und was ihre Ziele sind.
In Friedensdemos, Mahnwachen oder Friedensfestivals ist die antimilitaristische Bewegung seit Jahren mit einem Problem konfontiert: in einer Welt von zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen und Terroranschlägen wünschen sich viele Menschen ein Leben in „Frieden“. Dabei ist der Begriff „Frieden“ so schwammig, dass es VertreterInnen von rechtspopulistischen und Querfront- Bewegungen sehr leicht fällt, diesen Wunsch – nicht immer sofort offensichtlich – für ihre Agitation zu nutzen.
Als Vorbereitungsgruppe verstehen wir das war-starts-here Camp als ein Projekt radikal linker emanzipatorischer Politik. Es ist uns wichtig, genau hinzuschauen, mit wem wir uns gemeinsam engagieren, denn unser Begriff von „Frieden“, unsere Ziele sind nicht vereinbar mit den Zielen einer nationalistischen Politik der Ausgrenzung, die sich an rassistischen Vorstellungen und einem antisemitisch geprägten Weltbild orientiert. Diese Unterschiede immer wieder deutlich zu machen ist uns ein grosses Anliegen: vor allem positiv zu benennen, was wir wollen und wohin wir unterwegs sind. Darüber wollen wir mit vielen Menschen ins Gespräch kommen und suchen immer wieder die Gelegenheit dazu. Wir wollen uns aber nicht instrumentalisieren lassen und nicht durch gemeinsame Projekte dazu beitragen, dass rechtspopulistische Bewegungen gestärkt werden.
Eine andere Welt ist möglich. Und nötig!
Die mühsam aufrechterhaltene Fassade einer heilen Welt beginnt zu bröckeln. Niemand kann mehr die Augen verschliessen vor den Folgen des Kapitalismus, der im globalen Maßstab seine ganze Destruktivkraft entfaltet. Klimawandel, Zerstörung von Umwelt und Lebensbedingungen von Menschen, Wirtschaftskrisen, der Abbau von Sozialsystemen und zunehmende Armut – auch in den reichen Industriestaaten – , Kriege, Terror und Flucht sind eng verwoben mit dem System, das unserem Wohlstand zugrundeliegt.
Viele Menschen beginnen sich zu fragen, wie diese Entwicklung weitergehen kann. Gleichzeitig verstärkt sich das Gefühl, wenig Einfluss zu haben auf diese zerstörerische Entwicklung. Das beunruhigt und verunsichert viele Menschen und macht Angst.
Frieden ist nicht gleich Frieden.
Seit Jahrzehnten schreiben die Meinungsforscher in ihre Statistiken: eine stabile Mehrheit der Bevölkerung will Frieden. Aber was bedeutet das? Was meinen die Leute damit? Die Unterschiede sind recht groß:
- Manche sprechen gar davon, „unseren Frieden zu bewahren“. Bei uns fallen ja keine Bomben!
- Die Kriege, die Deutschland führt, sind weit weg. Und ausserdem werden sie nicht so genannt;
geredet wird lieber über „humanitäre, friedensbringende Einsätze“. - Viele Menschen sind gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr.
- Antimilitaristisch engagierte und friedensbewegte Menschen setzen sich dafür ein,
dass Deutschland sich nicht mehr an Kriegseinsätzen beteiligt.
Aber wäre das schon „Frieden“? Können wir von Frieden sprechen, wenn das herrschende Weltwirtschaftssystem mit seinem Zwang zu Wachstum und Profit, wenn die unendliche Ausbeutung von Mensch und Natur mit ihren zerstörerischen Folgen mit politischer und ökonomischer Macht durchgesetzt und aufrechterhalten wird? Uns ist wichtig, die Augen nicht vor der Tatsache zu verschließen: Wir leben in kriegerischen Verhältnissen! Diese gilt es zu bekämpfen!
Radikal für was?
Den bei vielen Leuten verschwommenen und emotional aufgeladenen Friedenswunsch machen sich rechtspopulistische und die Querfront- Bewegung zunutze. Das kommt zunächst harmlos daher. „Ob links oder rechts ist uns egal; wir wollen eine starke Bewegung für den Frieden werden“. Das leuchtet vielen ein und klingt überzeugend. Erst bei genauerem Hinschauen wird klar, dass Menschen mit ihrem oft unpolitischen Wunsch nach Frieden vereinnahmt werden für das Starkmachen einer nationalistischen und ausgrenzenden Politik, die sich an rassistischen und antisemitischen Vorstellungen orientiert. Deren Ziele lassen sich nicht vereinbaren mit den Zielen einer emanzipatorischen Bewegung.
Für uns als antimilitaristisch engagierte und friedensbewegte Menschenist entscheidend, genau hinzuschauen, wofür ein „Friedensfestival“ wie zum Beispiel das „Pax Terra Musica“ oder eine Friedensmahnwache oder Friedenskampagne steht und wer daran beteiligt ist. Es ist wichtig, sich nicht instrumentalisieren zu lassen für Ziele, die einer emanzipatorischen Entwicklung diametral entgegenstehen. „Linke“ und „rechte“ Menschenbilder und Utopien sind Gegensätze, auch wenn diese begriffliche Einordnung allein nicht ausreichend ist.
Rechtspopulistische Bewegungen bieten einfache Lösungen, die auf Abgrenzung und Stärkung zentraler Gewalt setzen. Sie agitieren „gegen das System“ und zielen damit gegen demokratische Errungenschaften. Etablierte Machtstrukturen bekämpfen sie, weil sie die Macht für sich wollen; gegen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse als solche haben sie nichts.
Radikal linke Politik dagegen stellt die Systemfrage, weil es darum gehen muss, Herrschaft und Ausbeutung zu überwinden. Utopie emanzipatorischer Bewegung ist die Befreiung, und zwar für alle: ohne Privilegien für bestimmte Gruppen zu reklamieren.
Die Vertreter*innen der Neuen Rechten propagieren ein Weltbild, in dem eine imaginierte Gleichartigkeit innerhalb bestimmter Gruppen eine große Rolle spielt. In ihren Augen ist Homogenität die Grundlage dafür, dass Gesellschaft in Ordnung sein kann. Mit diesen Vorstellungen knüpfen sie nahtlos an eine lang geübte Praxis der Mehrheitsgesellschaft an: in Stammtischmanier suchen sich viele Leute eine Runde von Gleichgesinnten, um sich über ihre Themen ständig rückzuversichern. (So entstehen Filterblasen.)
Dagegen steht unsere Überzeugung: die Welt ist vielfältig, und das ist gut so. Devianz, also die Abweichung von der Norm, ist grundsätzlich nichts, was uns schreckt. Im Gegenteil sehen wir, dass nur darin die Chance auf Veränderung liegt. Wir wissen sehr wohl, dass in der Vielfalt nicht immer nur Schönes und Gutes steckt. Da heißen wir überhaupt nicht alles gut; da braucht es eine Kultur der solidarisch-kritischen Auseinandersetzung. Manchmal strengt das an. Aber das Leben in streitbarer Vielfalt ist uns diese Anstrengung wert.
Grenzen der Akzeptanz
Wichtig ist für uns, dass Menschen sich gegenseitig respektieren. Deshalb sollen Positionen verständlich gemacht werden und erst mal ohne Wertung nebeneinander stehen, um sie als Argument beleuchten und abwägen zu können. Wir wollen keine Spaltungen, sondern eine größer werdende emanzipatorische Bewegung! Denn nur so können wir uns den zerstörerischen und kriegerischen Verhältnissen entgegensetzen!
Unsere Akzeptanz hat Grenzen: nationalistische, antisemitische, islamfeindliche, rassistische, homophobe, sexistische Angriffe gibt es viel zu viele! Ausgrenzungen, die sich zum Beispiel an Merkmalen wie Kleidung, Alter oder Sprachgewandtheit festmachen, geschehen viel zu oft! Wir sind bemüht, unsere eigenen erlernten ausschließenden Denk- und Verhaltensmuster wahrzunehmen und zu verändern. Diese Bereitschaft erwarten wir auch von anderen. (Auszug aus „über uns“ auf unserer website http://war-starts-here.camp)
Aus unserem Aufruf
„Mit dem war-starts-here-Camp wollen wir deutliche Zeichen setzen gegen die kriegerischen Verhältnisse, die hinter Krieg, Terror, Flucht und Armut stehen und uns gemeinsam stark machen für eine Welt, in der niemand mehr aufgrund von zerstörten Lebensgrundlagen und Krieg zur Flucht gezwungen ist. Für eine Welt ohne Grenzen! Für globale soziale Rechte und ein gutes Leben für alle.
Wir wollen einen Gegenentwurf zu leben versuchen: gegen eine Gesellschaft, die in allen Fasern von Herrschaft durchdrungen ist, setzen wir die konkrete Utopie eines solidarischen Umgangs miteinander.“
Es gibt keinen wirklichen Frieden ohne eine radikale Veränderung
der kriegerischen Verhältnisse zu einer herrschaftsfreien,
solidarischen und sozial gerechten Welt!