Rheinmetall

Das Geschäft mit dem Tod

Die Geschichte von Rheinmetall

Die Rheinmetall AG blickt auf ein lange Tradition als Waffenproduzent zurück: Seit über 125 Jahre produziert der Konzern fast ununterbrochen Rüstungsgüter. Granaten und Geschosse, die unverzichtbaren Verbrauchsgüter jeden Krieges, gehörten von Anbeginn an zu den wichtigsten Produkten, mit denen Rheinmetall sein Geschäft machte. In den ersten Jahren ihres Bestehens produzierte die damalige Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik sogar ausschließlich Munition. Zunächst wurden in etwa zwei Jahren 120 Millionen Geschosse für das Reichskommissionsgewehr 88 hergestellt. Später lieferte man Schrappnellgeschosse an fast „alle Staaten der Welt, über 3,5 Millionen (…) Geschosse aller Art von 3,7 bis 28 cm Kaliber“. Die beiden Weltkriege waren für Rheinmetall erfolgreichste Zeiten. Munition zu produzieren war und ist im doppelten Sinn ein todsicheres Geschäft.
Dieser Tradition ist der Rheinmetall-Konzern bis heute treu geblieben. Nach mehr als 125 Jahren produziert der Konzern noch immer Munition für Länder in aller Welt. Man ist stolz, zu den bedeutendsten Munitionsproduzenten der Welt zu gehören. Zu den Kunden Rheinmetalls gehören Staaten, die Krieg führen ebenso wie solche, die in Krisengebieten liegen und auch Länder, in denen die „Sicherheitskräfte“ Diktaturen und autoritäre Regierungen an der Macht halten. Regierungen also, die sich oft Menschenrechtsverletzungen zu Schulden kommen lassen. Skrupel lässt der Konzern kaum erkennen. Der Vorsitzende der Rheinmetall-Geschäftsführung, Armin Papperger, fordert von seinen Mitarbeitern und der Firma lediglich grundsätzlich ein „ethisch korrektes Geschäftsgebaren.“

Die Militärsparte von Rheinmetall gliedert sich heute in drei Bereiche: Militärfahrzeuge, Elektronik sowie Waffe und Munition. Zu Letzterer gehört die Munitionsproduktion. Vier Rheinmetall-Werke in Deutschland befassen sich mit der Entwicklung, Erprobung und Produktion unterschiedlicher Munitionstypen. Diese sind in Trittau (40mm-Granatmunition für Einsatz und Übung, nicht-letale Munitionen), Silberhütte (Pyrotechnik, aber auch Airbag-Technologie), Neuenburg (Vernebelungsmuntion und Selbstschutzanlagen) und am Sitz von RWM in Unterlüß. Dort finden die Entwicklung und Erprobung sowie die Herstellung groß- und mittelkalibriger Munition in Deutschland statt. Panzermunition, Artilleriemunition und Munition für Schnellfeuerkanonen sind hier angesiedelt.

Der hemmungslose Export von Munition bringt Gewinn

Der Rüstungsbereich des Konzerns konnte  in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum seinen Auftragseingang um 31% und seinen Umsatz um 18% steigern. Er ist wirtschaftlich dauerhaft in die Gewinnzone zurückgekehrt.

Die Ursache dafür ist überwiegend in einem Teil dieses Konzernbereichs zu finden: dem Geschäftsbereich Waffe und Munition (RWM). Dort stieg der Umsatz in den ersten 9 Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 51% auf 720 Millionen Euro. Die Pressemitteilungen des Konzerns berichten für diesem Zeitraum zudem von neuen Munitionsaufträgen in einem Wert von über 750 Millionen Euro. Der Munitionsbereich des Konzerns wächst also kräftig und der in unserer Studie konstatierte hemmungslose Export von Munition ist eine wesentliche Triebfeder dafür, das der Konzernbereich wieder Gewinn macht.

Der Bereich Waffe und Munition gleicht mit einem Gewinn von 45 Millionen Euro die Verluste der anderen Bereiche der Rüstungssparte von insgesamt 13 Millionen Euro aus und führt den gesamten Rüstungsbereich mit 32 Millionen Euro trotzdem noch deutlich in die Gewinnzone. Wäre RWM mit seinen Auslandstöchtern und Exporten nicht so erfolgreich, wäre die Rüstungssparte der Rheinmetall AG wohl noch immer defizitär, signalisieren die Konzernzahlen.
Die geschäftliche Trendwende im Rüstungsbereich des Rheinmetall-Konzerns ist also bislang eng mit dem Bereich Waffe und Munition verbunden und damit auch mit dem Export von Munition.

Internationalisierung im Rüstungsbereich

Als wesentlichen Grund für bessere Zukunftsaussichten nennt die Konzernführung eine gelungene Restrukturierung der Militärsparte und die seit etlichen Jahren verfolgte Strategie der „Internationalisierung“ im Rüstungsbereich.
Im letzten Jahrzehnt hat Rheinmetall etliche ausländische Munitionshersteller aufgekauft, durch diese das Produktportfolio und die Zahl der internationalen Standorte, von denen aus geliefert werden kann (Hubs) vergrößert und das Netz seiner Auslandsvertretungen ausgeweitet, um seine Exportmöglichkeiten zu verbessern.

Für interessierte Kunden werden verstärkt Produktionsstätten im Empfängerland aufgebaut. Solche Produktionsanlagen werden entweder als Joint Ventures (Gemeinschaftsfirmen) von Firmen des Rheinmetall-Konzerns mit ortsansässigen Firmen organisiert und betrieben oder schlüsselfertig an örtliche Partner übergeben und danach mit Zulieferungen und technischen Dienstleistungen aus dem Rheinmetall-Konzern versorgt.

„Die strategische Priorität liegt auf dem Ausbau der Präsenz in wachstumsträchtigen Regionen. Besonderes Potenzial sehen wir auf außereuropäischen Märkten, zum Beispiel in der Region Mittlerer Osten und Nordafrika, in Asien und in Australien. Rheinmetall Defence wird seine lokale Präsenz in den internationalen Wachstumsregionen stärken“.
Spannungs-, Krisen- und Kriegsgebiete sind logischerweise jene Regionen, in denen Rüstungshersteller die besten Absatzbedingungen vorfinden. Meist verschweigt Rheinmetall die konkreten Empfängerländer, manchmal auch die Art der Munition, die bestellt wurde und manche Aufträge werden nicht einmal durch Pressemitteilungen bekannt gemacht. Der Konzern vermeidet durch dieses Vorgehen eine öffentliche Auseinandersetzung über seine Exporte in problematische Empfängerländer.

Rheinmetall-Munitionen kommen auch dort zum Einsatz, wo das nach den rechtlichen Normen und politischen Vorstellungen in Deutschland nicht passieren sollte. Ähnliches gilt, wenn Rheinmetall die Produktion von Munition in Ländern ermöglicht, in denen dies nach den politischen Richtlinien der Bundesregierung zum Rüstungsexport eigentlich kaum wünschenswert sein sollte. Am Beispiel Saudi-Arabiens wird dies deutlich:

Eine Munitionsfabrik für Saudi-Arabien

Am 27. März 2016 eröffnete die Military Industries Corporation (MIC), ein staatlich-saudischer Rüstungshersteller, der z.B. auch das deutsche Sturmgewehr G36 in Lizenz endmontiert und eine Fertigung der dazu passenden 5,56mm-Munition betreibt in Al Kharj, eine kleine Stadt etwa 60 Kilometer südöstlich der saudi schen Hauptstadt Riad, eine weitere Munitionsfabrik. Den Bau einer solchen Fabrik hatte Rheinmetall Denel Munitons (RDM) 2011 angeboten und seit 2013 realisiert. RDM ist ein von Rheinmetall beherrschtes Gemeinschaftsunternehmen in Südafrika. Berichten zufolge hat das Geschäft mit der Munitionsfabrik einen Wert von 240 Millionen Dollar. Die Anlage aus neun einzelnen Anlagenteilen soll künftig Mörsermunition der Kaliber 60mm, 81mm und 120mm sowie Artilleriemunition der Kaliber 105 und 155mm herstellen. Außerdem sollen dort künftig 500, 1.000 und 2.000 Pfund-Bomben der MK80-Serie produziert werden. Die Kapazität liegt bei 600 Mörser- oder 300 Artilleriegeschossen pro Schicht.

Der Fall zeigt, dass sich die Rheinmetall AG auch für den Bau von Munitionsfabriken über das südafrikanische Joint Venture RDM die Möglichkeit geschaffen hat, politische Vorgaben für Rüstungsexporte aus Deutschland präventiv zu umgehen. Der Bundesregierung wird damit zugleich signalisiert, dass ein international agierender Rüstungskonzern in der Lage ist, das nationale Bemühen um eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu konterkarieren, solange es keine global gültigen und einheitlich umgesetzten Beschränkungen gibt.

Der erkennbare Wille, rechtliche, politische und ethische Hindernisse zu umgehen

Eine Vielzahl von Problemen wird deutlich. Das wichtigste ist der erkennbare Wille und die Absicht des Konzerns, rechtliche, politische und ethische Hindernisse für gewinnträchtige Geschäfte im Bedarfsfall skrupellos zu umgehen.
Das Vorgehen des Rheinmetall-Konzerns stellt für die Politik national wie international ein Problem dar. Der Konzern beliefert ein Land, das weder zur Selbstverteidigung noch im Rahmen eines UN-Mandates Krieg in einem Nachbarland führt. Munition, die für eine rechtswidrige Kriegführung gebraucht wird. Der Konzern beliefert eine autokratisch-regierende Monarchie, die sich nicht scheut, mit brutaler Gewalt gegen politische Kritiker und religiöse Minderheiten vorzugehen und dabei die Menschenrechte zu missachten. Zugleich sorgt der Konzern für den Fall vor, dass Deutschland oder die Europäische Union künftig Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien nicht mehr genehmigen oder solche Exporte gar durch ein UN-Embargo untersagt würden. Rheinmetall befähigt Saudi-Arabien, sich selbst mit Munition zu versorgen, indem ein Teil des Konzerns, das südafrikanische Joint Venture RDM, dort eine Munitionsfabrik baut.

Rheinmetall stellt mit seinem Vorgehen die Politik vor substantielle Probleme. Der Konzern versucht zu verhindern, dass über die Genehmigung von Rüstungsexporten politisch entschieden werden kann. Mehr noch, er unterläuft und untergräbt politische Entscheidungen und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Erlaubt die nationale Politik ein Exportgeschäft nicht, so führt man es aus dem EU-Ausland durch. Führen die Bemühungen um eine Harmonisierung der Rüstungsexportpolitken in der Europäischen Union dazu, dass auch in anderen EU-Ländern nicht mit einer Genehmigung zu rechnen ist, so wird die Lieferung aus einem außereuropäischen Land geplant und organisiert.

Ethisch korrekte Geschäfte mit Saudi-Arabien?

Saudi-Arabien führt Krieg im Jemen, missachtet die Menschenrechte im eigenen Land und unterstützt eine Vielzahl sunnitischer radikal-islamistischer Gruppierungen. Kriege sind eine wichtige Ursache für Flucht und Vertreibung.
Der Rheinmetall-Konzern tätigt trotzdem weiterhin Munitionsgeschäfte mit Saudi-Arabien. Er beliefert das autoritäre Regime in Riad und baute ihm sogar eine Munitionsfabrik. Diese Exporte erfolgen häufig nicht aus Deutschland, sondern aus dem europäischen oder außereuropäischen Ausland, zum Beispiel aus Italien oder Südafrika. Die Rheinmetall-Tochter RWM Arges GmbH hat 40mm-Granaten nach Saudi-Arabien geliefert, die das autoritäre Regime auch gegen Oppositionelle im Inneren eingesetzt hat.

Aufstandsbekämpfung mit Rheinmetall-Tränengasgranaten

Ähnliches lässt sich auch im Blick auf Bahrain sagen: Dort wurde 2011 die Protestbewegung während des „Arabischen Frühlings“, in der sich die mehrheitlich schiitischen Bewohner gegen das autokratisch regierende sunnitische Königshaus wehrten, mit massiver Gewalt mit Hilfe von Truppen aus den Staaten des Golfkooperationsrates unter saudischer Führung niedergeschlagen. Bei diesen Einsätzen und bei diversen Zwischenfällen in den Folgejahren kam es immer wieder zu exzessiven Einsätzen von Tränengas-Granaten, die die USA veranlassten, den Export solcher Granaten nach Bahrain 2012 auszusetzen. Bahrain konnte jedoch auf alternative Quellen zurückgreifen. Die Sicherheitsbehörden der Golfmonarchie nutzten nunmehr Tränengasgranaten aus Südkorea und Südafrika. Letztere stammen aus der Produktion von Rheinmetall Denel Munitions (RDM). Auch Schockgranaten des Typs MK13 kamen dort zum Einsatz. Sie gehören zum Angebot der US-Tochter von Rheinmetall, American Rheinmetall Inc.. RDM bestreitet „in den letzten Jahren“ Bahrain Tränengasgranaten angeboten oder geliefert zu haben. Dies schließt eine Belieferung durch Vorläufer-Firmen von RDM wie Swartklip Products jedoch nicht aus.

Durch Internationalisierung zu Gewinn und Wachstum

Rheinmetall verfolgt seit Jahren eine Strategie der „Internationalisierung“, um unabhängig von den politischen und gesetzlichen Vorgaben in deutschen Stammlanden gewinnbringende Geschäfte mit Ländern wie Saudi-Arabien machen zu können. Angesichts eines schrumpfenden Marktes in Deutschland will man mehr Geschäfte im und aus dem Ausland machen. Geschäfte und Gewinne sollen auch dann realisiert werden, wenn Lieferungen aus Deutschland nicht genehmigt würden oder zumindest umstritten wären

Rheinmetall zeigt die Bereitschaft, die gelegentlich restriktive Politik der Bundesregierung zu unterlaufen und Bemühungen der Europäischen Union zu konterkarieren, die Genehmigungspolitik für Rüstungsexporte in ihren Mitgliedsländern zu harmonisieren.

Das Ziel der „Internationalisierung“ verfolgt die Rheinmetall AG auf mehreren Wegen. Rheinmetall kauft und modernisiert Munitionshersteller im Ausland. Der Konzern beliefert Kunden in umstrittenen Drittländern über seine Tochter- und Gemeinschaftsfirmen im Ausland. Darunter sind Kunden, deren Belieferung aus Deutschland nicht genehmigt würde. Rheinmetall plant und baut für solche Kunden auch ganze Munitionsfabriken. Über Komponenten und technische Dienstleistungen kann der Konzern auch von solchen Aufträgen profitieren. Ganz gleich, wo die Gewinne anfallen, sie fließen ja in die Kassen des Konzerns zurück.

Die Rheinmetall AG ist natürlich keineswegs der einzige Munitionshersteller mit höchst fragwürdigen Exportpraktiken und hochproblematischen Kunden. In Deutschland ist die Rheinmetall AG der wichtigste Exporteur im Munitionsbereich. Sie ist ein deutsches Beispiel für das an Gewinnmaximierung orientierte weltweite „Geschäft mit dem Tod“.

Quelle: bits-Studie „Hemmunglos in alle Welt – Die Munitionsexporte der Rheinmetall AG“ von Otfried Nassauer

http://www.bits.de/public/pdf/rr16-01.pdf

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